Bei der Betrachtung dieses PR-Typs gibt es starke Diskrepanzen: Da ist zum einen die wortkarge Schreinerin, der ganz und gar in seiner eignen Welt versunkene Goldschmied oder die eingeschworene Gemeinschaft eines Design-Teams. Viele dieser Menschen definieren sich als Künstler. Und sie haben oft enorm viel zu erzählen. Doch sie tun es über ihre Kunst, über ihr Handwerk, mit ihren ganz eignen Mitteln, meist durch ihre Kreativität. Ich habe zwei Jahre in einer Galerie für Moderne Kunst gearbeitet. Und dabei unter anderem gelernt, dass Künstler/innen manchmal fast so etwas wie Dolmetscher brauchen, um sich verständlich machen zu können. Es waren sogar meist die kreativsten, besten unter ihnen, die außerstande waren, ihre Arbeiten in der Sprache der „normalen Menschen“ zu präsentieren, nämlich mit Worten. Trotzdem war das, was sie mit den Mitteln ihrer Kreativität erzählten, oft SEHR persönlich.
Auf der anderen Seite stehen die „klassischen Verkäufer/innen“, die einem ungefragt schon im ersten Satz erzählen, mit welchem Fuß sie heute Morgen zuerst aufgestanden sind. Und warum. Solche persönlichen Gespräche haben oft vermittelnden Charakter: Wer mich so anspricht, will in aller Regel was von mir, will mir etwas verkaufen, mein Interesse wecken. Häufig gelingt das auch – und sei es nur darum, weil ich nicht so unhöflich sein will, diesen Menschen, der da fast schon intime Details ungefragt zum Besten gibt, abrupt stehen zu lassen. Im Grunde aber will ich gar nicht so viele Informationen haben, die sind mir zu persönlich. Das ist meine Reaktion. Aber ich weiß, es gibt durchaus Menschen, die sich darüber freuen, so persönlich angesprochen zu werden. Bei nicht wenigen steigt die Kaufbereitschaft durch solche Gespräche enorm an.
Plädoyer für „authentische Werbung“
Was bedeuten diese zwei extrem entgegengesetzten Positionen jetzt für eine möglichst gelungene PR-Strategie von Selbstständigen, im kreativen Handwerk oder bei sensiblen Beratungsangeboten? In beiden Fällen geht es um DEN MENSCHEN, vor hinter oder in seiner Arbeit, um seine Angebote. Und es geht um einen Begriff, der zur Zeit regelrecht Hochkonjunktur hat: um Authentizität. Als authentisch gilt, wer sich möglichst ungeschminkt und echt präsentiert. Aber das ist nicht immer so ganz einfach….
Als Tipp: Ein wirklich breites Spektrum an Aspekten dazu hat Christa Goede mit ihrem Blogthema Authentizität geschaffen. Christa ist übrigens eine Kollegin, die sich um „Text, Websites und Social Media“ kümmert. Und eigentlich ist ihrem Statement contra „schlechte Werbung“ kaum noch was hinzu zu fügen: „Macht lieber authentische Werbung, die zum Unternehmen, zum Produkt UND zur Zielgruppe passt. Erzählt echte Geschichten, gebt echte Informationen preis, zeigt echte Menschen und echte Gefühle.“ Ganz klar: Hier muss es auch persönlich werden, sonst funktioniert das nicht.
„Echte Menschen, echte Gefühle“
Bezogen auf die Werbung, ist das durchaus machbar. Auch, wenn das „Echte“, das „Persönliche“ natürlich erst einmal gekonnt inszeniert werden muss, damit es so „echt“ wie möglich aussieht.. Das muss vermutlich so sein. Kennt jeder Schriftsteller und Filmemacher: Die Realität eins zu eins abgebildet, wirkt oft „unechter“ als alles Erfundene. Aber wie ist das mit dem Persönlichen? Auch da ist Vorsicht geboten. Ich hab zum Beispiel mal eine Blogparade gestartet, in der ich gefragt habe: „Wie viel Persönliches, wie viel Privates braucht, bzw. verträgt ein Blog?“ Dabei habe ich allerdings nicht unterschieden zwischen „rein privaten“ Blogs (meist von fest Angestellten oder nicht Arbeitenden) und jenen, für die das richtige Mischungsverhältnis aus Persönlichem und eher Informativem ein ganz wichtiges Thema war. Letztere waren fast immer selbstständig – was alles andre als ein Zufall ist….
Gute PR-Strategie für Persönliches: ein Blog
Ganz klar: Es ist eine Gratwanderung, das richtige Mischungsverhältnis zu finden aus Persönlichem, Authentischem und dem Wunsch, nicht allzu viel von sich preiszugeben. Für unser Thema allerdings nicht ganz unwichtig: grade für Selbstständige mit hohem (persönlichen) Mitteilungsdrang kann ein Blog die perfekte PR-Strategie – neben anderen – sein. Wie wir gesehen haben, kommt es da tatsächlich auf das Mischungsverhältnis an… Oder wollen Sie wirklich wissen, warum sich Ihre Therapeutin heute Morgen mit ihrem Mann in die Haare gekriegt hat, was Ihr Friseur für ein Müsli zum Frühstück gegessen hat?! Wenn die beiden aber immer nur Statistiken und unpersönliche Fakten in ihrem Blog posten würden, wäre das auch schnell langweilig. Also: von beidem etwas. Und Sie machen damit keine schlechte PR für sich: Sie werden ehrlich, authentisch, sympathisch wirken. Was Kunden durchaus schätzen. Dann ab und zu auch über Ihre Arbeit, Ihre Produkte oder Dienstleistungen zu erzählen, ist völlig in Ordnung – und schon haben beide Seiten einen nicht geringen Nutzen.
Wenn das Persönliche eine Dolmetscherin braucht….
Was aber ist mit den eingangs erwähnten Künstler/innen, jenen Menschen, die Persönliches in einer „Sprache“ erzählen, die nicht jede/r versteht? Mit Hilfe ihrer Themenauswahl etwa oder in einer bestimmten Ästhetik, durch (kunst)historische Bezüge oder mittels bestimmter Materialien und Bearbeitungstechniken? Nun: Um das Persönliche, das Authentische, Sympathische, manchmal auch bahnbrechend Neue in deren Arbeit sehen zu können, braucht es in aller Regel eine/n Dolmetscher/in – mich zum Beispiel. Ohne Scherz: Das ist einer der Gründe, warum ich das Texten so liebe: Weil ich weiß, dass ich solche „Übersetzungsarbeit“ ziemlich gut beherrsche. Und dass ohne diese Arbeit wohl weder die persönliche – noch sonst irgendeine – Botschaft dieser Menschen gehört werden kann.
Bevor die Botschaft nicht „übersetzt“ ist, taugt sie nicht als Öffentlichkeitsarbeit
Erst, wenn die Botschaft in Text – geschrieben oder gesprochen – übersetzt wird, erreicht sie ihre potentiellen Empfänger. Ich liebe solche Übersetzungsarbeiten! Und erst dann kann man diese Botschaft getrost „Öffentlichkeitsarbeit“ nennen! Dann kann sie – zum Beispiel persönlich werden.
In meinem privaten Blog einen Beitrag darüber geschrieben, warum ich denke, dass ich eine wirklich gute „Dolmetscherin“ bin – vor allem für kreative arbeitende Selbstständige. Ich habe nämlich meine Lektionen gründlich gelernt. Und zwar von Meistern des Fachs Kreativität… das ging hin bis zur documenta IX…
Meine Serie zur PR-Typologie für Selbstständige
Grundsatz all meiner Beiträge dieser Serie zur „PR-Typologie“ ist: Immer erst mal genau hingucken: „Wer beziehungsweise wie bin ich eigentlich?“ Und dann erst die geeignete Strategie für richtig gute Öffentlichkeitsarbeit suchen. Dabei enstehen wie von selbst jede Menge weiterer Aspekte. Das Wichtigste dabei ist: Nur, wenn ich in exakt dieser Reihenfolge vorgehe, meinen eigenen „Typ“ erkennen und einschätzen kann, wird meine Öffentlichkeitsarbeit auch zu mir passen! Dann kann sie auch persönlich werden – und das ist grade für Selbstständige die beste Möglichkeit, sich aus der Masse abzuheben… Das Thema ist zwar ernst. Ich versuche, es dennoch mit einem kleinen Augenzwinkern anzugehen. Und selbstverständlich kann ich Ihnen bei der Umsetzung Ihrer Öffentlichkeitsarbeit dann jede nur erdenkliche Hilfe anbieten!
Die komplette Serie: „Und welcher PR-Typ sind Sie?“ finden Sie hier.
Text: Maria Al-Mana, die Texthandwerkerin
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