Bin ich eine Marke? Wofür stehe ich?
Individualität und Entwicklung
Erst mal: Marketingsprech ist mir ein Graus. Ich mag weder „personal branding“ noch „Marken-Strategie“ mit mir selbst in Verbindung bringen. Mir geht es sehr entschieden um Individualität. Meine und die meiner potentiellen Kundinnen und Kunden.
Finde ich auch absolut naheliegend für jemanden, der als Solo-Unternehmerin einzelne Menschen berät und betreut: beim Verfassen von Texten, in Schreibprozessen, mit Coaching, Lektorat sowie beim Schreiben und Fertigstellen von Büchern, gern auch als Selfpublisher. Das ist heute mein Kerngeschäft. Und das hat sich entwickelt. Wie auch ich mich hoffentlich immer weiter entwickle. Ganz individuell. Vor allem dadurch, dass ich aus meinen Erfahrungen lerne. Die Entwicklung meiner „Marke“ spiegelt also ganz unmittelbar meine eigene Entwicklung wieder. Und dieses Gefühl, dass wir alle uns verändern dürfen, ist mir wichtig. Allein darum macht mich die Sache mit dem „branding“ misstrauisch. Ich denke da immer an das Schaf, dem ein lebenslanges Brandzeichen aufgedrückt wird … einmal abgestempelt, muss das bis ans Lebensende so bleiben. So sehe ich mich einfach nicht. Und meine Kund/innen auch nicht. Außerdem:
Was mich angeht, lautet die Antwort auf diese Frage: wenig, was mich interessiert. Da wird dann viel zu oft einfach nur mit den fast immer gleichen Fachbegriffen jongliert, gern auf englisch …
Ja, meine persönliche Entwicklung hat mich ins Netz gebracht, mit über 50 durfte ich mich noch einmal selbstständig machen. Da gab es ein paar Dinge, die waren mir von Anfang an klar:
- Entdecke und nutze die Netzwerke und Kanäle.
- Schaff dir Heimatstationen, in denen du allein bestimmst, was geschieht.
- Mach dich unverwechselbar.
- Und gib den Menschen, die sich für dich interessieren, Wegweiser an die Hand, um dich nicht aus den Augen zu verlieren.
Netzwerken
Mit Twitter und Facebook habe ich erst mal unter anderem Namen geübt, bis ich halbwegs sicher war, wie ich mich positionieren will. Jetzt habe ich meinen Platz gefunden – und beides beschert mir regelmäßig unglaublich viele, spannende Kontakte, Meinungen, Austausch aller Art. Was mich nicht wirklich überrascht, denn ich bin immer schon Netzwerkerin aus Überzeugung gewesen.
Wortspiele auf Twitter liebe ich … was manchmal dazu führt, dass ich dort eher weniger als mehr poste, dann mahnt da eine Stimme: „Du bist jetzt beruflich unterwegs, gespielt wird hier nicht!“ Da habe ich manchmal ein Problem mit meiner vermuteten Außenwahrnehmung: Muss ich immer hundertprozentig seriös in Erscheinung treten – oder darf ich auch mal anders?
Strategisch würde ich das alles jetzt nicht gerade nennen, zumindest nicht im klassischen Sinn. Aber vielleicht dann doch … nämlich als eine Strategie, die zu mir und meinen Anliegen passt.
Eine Sache ist dabei aus meiner Sicht noch ziemlich wichtig: Was ich einmal begonnen habe, nehme ich ernst. Kontakt habe ich immer nur zu Menschen – und die können sich auf mich verlassen: Ich bin regelmäßig da, erreichbar, offen und versuche so klar zu sein, wie es mir möglich ist. Das ist meine persönliche Kommunikationsstrategie, ganz viel Neugierde, ab und zu überraschende Ideen inklusive.
Nebenbei versuche ich zwar auch, den Überblick über all das, was „man“ vor allem online so tut, beziehungsweise tun müsste, nicht aus den Augen zu verlieren. Aber ich habe nur selten das Gefühl, dass ich das jetzt unbedingt umsetzen muss. Meine Hauptfrage dabei ist immer: Bin ich das? Geht mich das was an? Und die Antwort lautet oft: nö, eigentlich nicht. Statistiken habe ich ohnehin noch nie getraut, das wird sich wohl kaum noch ändern.
Dass das Netzwerken nur on- UND offline funktionieren kann, ist dabei eigentlich eine Selbstverständlichkeit, oder? Und auch andere Dinge verstehen sich für texterfahrene Menschen fast von selbst: Dass ich je nach Kanal, Ausrichtung und Zielgruppe anders schreibe, einen anderen Ton anschlage, mal sieze, mal duze – das hat für mich eher mit Respekt zu tun als mit einer wie auch immer gearteten Strategie.
Heimathäfen
Meine Heimathäfen vermehren sich … das macht mir manchmal Sorge. Aber es gehört definitiv zu mir. Alles begann mit dem Unruhewerk – es war als Fingerübung gedacht: Kann ich bloggen? Macht mir das Spaß? Und wie persönlich kann/darf/muss ich dabei werden? So lautete denn auch das Thema meiner allerersten Blogparade. Und ich war von der wundervollen Resonanz regelrecht berührt. Das Thema ist immer noch virulent … Ich denke: Auch das ist ein Prozess, der niemals abgeschlossen ist – und die Fragen, die sich dabei immer wieder anders stellen, müssen wir alle individuell beantworten.
Inhaltlich habe ich für meinen ersten Blog das Thema genommen, was mir damals am heftigsten unter den Nägeln brannte – und noch immer brennt: älter werden und sichtbar bleiben. Im Moment verschenke ich dort alles, was ich schreibe und habe – gemeinsam mit Uschi Ronnenberg – den Präsentkorb noch sehr viel größer gemacht: Wir bieten auf der Plattform Blogs50plus.de jede Menge Sichtbarkeit und Austauschmöglichkeiten an. Kostenlos, also ein Netzwerk abseits aller kommerziellen Pfade. Das Thema Älterwerden ist für mich eine wichtige Heimatstation. Die aber auch alles andere einschließt: das Schreiben, das Erzählen, Sachbücher, Biografisches und selbst Publiziertes. Meiner Ansicht geht das alles besser, je älter man ist – aber es ist natürlich keine Voraussetzung. Für all das gibt es den http://www.verlag-texthandwerk.de
Doch, ich bin schon eine Marke: die Texthandwerkerin
Die www.texthandwerkerin.de ist meine Marke. Und die hat sich schon ziemlich weit bewegt. Dachte ich vor drei Jahren noch, meine Kundschaft wäre im (kreativen) Handwerk zu finden, habe ich nach gut einem Jahr die Notbremse gezogen. Ich würde es nicht „Scheitern“ nenne, ich habe nur einfach festgestellt: Wir sprechen nicht die gleiche Sprache. Oder anders: Gerade im Handwerk wäre in puncto Online-Sichtbarkeit, Vernetzung und Offenheit noch so viel Aufklärungsarbeit zu leisten – das schaffe ich nicht, schon gar nicht im Alleingang. Da hab ich mich auf den Anfang meiner beruflichen Arbeit besonnen – und die fand fast ausschließlich im Verlags- und Buchbereich statt. Zusammen mit den Möglichkeiten von Selfpublishing ist daraus jetzt meine Nische geworden, die Beratungsarbeit (angehender) Autorinnen und Autoren kam dazu, ich bin mittlerweile als Coach zertifiziert.
Das alles gehört für mich zum Texthandwerk. Und auf drei von den vier Seiten findet sich auch mein eigensinniger, rostiger Nagel. Den wollten mir schon viele Menschen gern ausreden. Aber er steht für mich für Kraft, Eigensinn und das Älterwerden. Passt! Und gibt Orientierung.
Strategisch oder nicht?
Wie die Sache mit dem Respekt in der Ansprache mache ich auch auf all meinen Webseiten Dinge, die manche vielleicht strategisch nennen würden: Es gibt Redaktionspläne und kleine Serien, ich sehe zu, dass die Seiten miteinander kommunizieren, sich aufeinander beziehen, immer bei Xing und Facebook auftauchen, oft bei Twitter. Auch die Blogfrequenz ist unterschiedlich. Aber ich habe eher das Gefühl, das ist was organisch Gewachsenes, nichts Strategisches: Die Gemeinschaft der Blogger/innen 50plus ist sehr aktiv, also bin ich es im Unruhewerk auch – nach Möglichkeit. Als Texthandwerkerin nehme ich mir schon mal Themenblöcke vor, Eigen-PR oder Selfpublishing beispielsweise, im Unruhewerk den beruflichen Neustart mit 50plus oder die Impressionen von all den Menschen hinter den Blogs50plus. Und die ideale Frequenz zur Bespielung dieser Blogs habe ich – ebenfalls „nach Gefühl“ – durchaus ermittelt. Nur erlaube ich mir, mich daran nicht ganz so sklavisch zu halten, der Maßstab ist eher: „Könnten die Menschen mich vergessen, wenn ich zu lange nichts veröffentliche?“ Da hoffe ich manchmal aber auch ganz einfach: Mich vergisst man nicht so schnell …
Meine Marke ist die eigene Stimme. Eigensinnig!
Im Lauf der Zeit habe ich immer wieder durchaus intensiv über die Sache mit der Marke nachgedacht … Und da ich ja unter anderem auch Journalistin bin, fiel mir bei diesem Nachdenken immer wieder ein, wer meine journalistischen Vorbilder – vor allem in den 1980er Jahren – waren. Da gab es den Musikjournalisten, der begann jeden Text mit einem genialen Zitat, scheinbar völlig aus dem Zusammenhang gerissen und doch ungeheuer treffend in Bezug auf all das, was er dann zu sagen hatte. Oder den Interviewer, der immer wieder auf den Tod zu sprechen kam. Oder den Feuilletonisten mit einer so eigenen Sprache, dass es gar nicht nötig war, seinen Namen zu lesen – ich erkannte ihn sofort, an seinem absolut unverwechselbaren Stil. Damals hätte niemand von „Marken“ geredet. Und doch waren all diese Menschen für mich Wegmarken, Leuchttürme. Und ich liebte sie, folgte ihnen, kaufte auch später all ihre Bücher. Es stand für mich also immer außer Frage, dass – zumindest im Kulturbereich (nein, halt! So was gab es auch im Sportbereich! Hab ich nur nicht so genau verfolgt …) – die eigene Stimme ein ganz wichtiges Instrument ist. Und das glaube ich noch heute. Inzwischen ist es mir fast schon ein Bedürfnis, beim Schreiben nach Möglichkeit immer „Ich“ zu sagen. Ich möchte auch Position beziehen können. Da bin ich ganz und gar eigensinnig.