Gleich nach seiner Ausbildung zum Metallbauer bei der Erich Fritz Nüssel Metallkunst GmbH in seiner Geburtsstadt München wurde Michael von Stosch 2011 bayerischer Landessieger im Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks. Heute arbeitet er freiberuflich als Handwerksdesigner und Werkstattleiter auf Gut Rosenberg, nördllich von Aachen nahe der niederländischen Grenze, ist mit seinen Designstücken auch auf Ausstellungen zu sehen, unten mit seinen Metall-Kleiderbügeln.
Herr von Stosch, seit wann üben Sie ihr Handwerk denn schon aus? Was ist Ihre Ausbildung?
Ich habe ganz klassisch Mitte 2008 eine Ausbildung zum Kunstschmied bei der Firma Nüssel in München angefangen. Nach der Lehrzeit blieb ich dort noch ein Jahr als Geselle bevor ich mich entschlossen habe, in Aachen an der Akademie für Handwerksdesign (Gut Rosenberg) zu studieren. Die drei folgenden Jahre waren angefüllt mit entdecken, entwerfen und ausprobieren von vielen verschiedenen Materialien und Techniken. In dieser Zeit ist auch ein Meistertitel im Metallbauerhandwerk dazugekommen. Nach dem Examen habe ich mich als Handwerksdesigner selbstständig gemacht und übernehme nebenbei noch die Betreuung der verschiedenen Werkstätten auf Gut Rosenberg.
Entwürfe entstehen in der Werkstatt, nicht am Schreibtisch
Stellen Sie sich bitte vor, Sie müssten einem Blinden beschreiben was Sie beruflich tun…
Ich entwerfe Produkte aus verschiedenen Bereichen, baue dazu Modelle und Prototypen und bereite die fertigen Entwürfe anschließend als Präsentation für spätere Hersteller auf. Dabei spielen für mich in erster Linie Funktionalität und Reduktion auf das Notwendige eine Rolle. Im Gegensatz zum klassischen Produktdesigner entstehen jedoch meine Entwürfe eher in der Werkstatt als am Schreibtisch, da meine Hände beim Bau eines Modells oder eines Prototypen gewissermaßen „mitdenken“.
„Im Handwerk gibt es wahnsinnig viele Nischen“
Alle Menschen, die ich für diese Porträt-Reihe ausgewählt habe, sollten zwei Merkmale mitbringen: Handwerk und Kreativität. Aber manchmal neigen Außenstehende (wie ich) ja dazu, das Handwerk zu romantisch zu sehen…. Wie ist das bei Ihnen: Können Sie wirklich kreativ sein?
Das klassische Handwerk bietet in Zeiten der wirtschaftlichen Rationalisierung und des Preiskampfes nicht mehr ganz so viel Romantik, wie dass vielleicht früher einmal der Fall war. Trotzdem denke ich, dass die Kreativität im Handwerk auch heute noch sehr intensiv zum Einsatz kommt, zum Beispiel muss man auf der Baustelle manchmal eine unkonventionelle Lösung für ein unvorhergesehenes Problem finden können.
Und es gibt im Handwerk wahnsinnig viele Nischen, in denen man mit eigenen – oft auch sehr speziellen – Werken erfolgreich sein kann. Ich persönlich bin seit Beginn des meines Studiums aus diesem beruflichen Alltag ausgestiegen, um mein persönliches handwerkliches und kreatives Potential noch mehr auf einzelne Projekte fokussieren zu können. Seitdem bin ich quasi ausschließlich kreativ tätig und deshalb ab und zu froh, wenn ich einfach „nur“ bauen kann.
Definieren Sie doch bitte mal Begriff „Handwerk“ – ganz subjektiv, auf Sie und Ihre Arbeit bezogen!
„Handwerk“ ist für mich die Verbindung aus „denkenden“ Händen, der Erfahrung die man sich über die Jahre erarbeitet und einer recht seltsamen Mischung aus traditionellem Denken und Neugierde. Dadurch entstehen Gegenstände, die auf eine gewisse Art und Weise so etwas wie eine Seele haben. Für mich verschwimmen die Grenzen zwischen den einzelnen Gewerken mehr und mehr, da der Entwurf und seine Ansprüche an die Materialität in den Vordergrund treten.
Was lieben Sie an Ihrer beruflichen Tätigkeit am meisten? Und was an den Produkten, die Sie fertigen?
Am meisten liebe ich den Prozess, der die erste Grundidee vom fertigen Produkt trennt. Auf diesem Weg liegen ebensoviele spannende und lustige Erlebnisse wie Probleme und Hindernisse. Jeder Entwurf ist anders und hat seine eigenen Herausforderungen, da ist Abwechslung garantiert. Am Ende des Ganzen steht dann zum einen ein wirklich durchdachtes Produkt und zum anderen ein enormer Zuwachs an Wissen und Erfahrung, der dann wieder in die nächsten Arbeiten mit einfließen kann.
Finden Sie, dass es im Deutschland von heute noch genügend handwerkliche Angebote gibt? Und damit meine ich Infos über Berufe und Produkte, Ausbildungs-Angebote, Handwerksbetriebe und die Auswahl an handwerklich gefertigten Produkten für interessierte Kund/innen.
Ich finde durchaus, dass es dieses Angebot noch gibt, auch wenn man zuweilen etwas intensiver suchen muss. Jedoch wäre noch viel mehr möglich und hier liegen auch die Herausforderungen der Zukunft. So bin ich zum Beispiel der Meinung, dass gerade an den Grenzen zwischen Handwerk und Design noch viel Handlungsbedarf besteht.
Bei Kreativität spielen auch Neugierde und Faulheit eine wichtige Rolle….
Ein Zitat von Josef Beuys: „Die einzige revolutionäre Kraft ist die Kraft der menschlichen Kreativität“. Mögen Sie dazu was sagen?
Kreativität ist eine faszinierende Sache, aber ich denke dass hier auch andere Eigenschaften einen Platz verdient hätten. Neugierde als wichtige Voraussetzung zur Kreativität zum Beispiel. Oder die Faulheit, die in manchen Formen zu einer enormen Triebfeder des Fortschritts werden kann.
Das Gesamtpaket hat ziemlich viel Kraft und eine unglaubliche Dynamik.
Mehr Porträts kreativer Handwerker/innen finden Sie übrigens hier.
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