Selten führt ein einzelner Begriff zu so heftiger Verunklarung….. denn eigentlich dachte ich ja, ich wüsste, wovon die Rede ist, wenn ich „Made in Germany“ lese. Doch weit gefehlt!
Da wird begeistert von der Fußballtaktik „Made in Germany“ geschrieben, das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gibt bereits in der zweiten Auflage eine umfangreiche Broschüre „Wissensbilanz Made in Germany“ heraus – die handelt im Wesentlichen davon, wie denn in Deutschland Wissen gesammelt wird. Oder gesammelt werden könnte. Und dann auch noch das: „Uncle Sam liebt Made in Germany“, titelte n-tv loetztes Jahr – und zwar noch mehr als Nachbar-Onkel Frankreich, der bisher zu den freigiebigsten Waren-aus-Deutschland-Käufern zählte. Das allein ist schon zweischneidig genug, denn einer der Gründe für den höheren Absatz deutscher Waren in den USA ist schon seit längerer Zeit der schwächelnde Euro. Andere Problemstellungen werden sich wohl bald noch deutlicher bemerkbar machen, durch die Umsetzung aller Beschlüsse aus dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Und dann ist da auch noch die Sache mit VW…. Doch davon will ich hier gar nicht erst anfangen. Denn eigentlich will ich ja nur wissen: Was genau macht denn nun „Made in Germany“ zu „Made in Germany“? Und landete in einem ziemlich unklaren Wust aus Verordnungen, Rechtsprechung und internationalen Bestimmungen.
Historisch: ein britisches Eigentor
Ziemlich klar sind immerhin die historischen Wurzeln des Begriffs. Begonnen hat alles damit, dass 1876 ein Preisrichter auf der Weltausstellung in Philadelphia behauptet hatte, deutsche Waren seien allesamt „billig und schlecht“. Deutsche Produzenten sahen sich damals vor allem im Wettbewerb mit Großbritannien und entwickelten einen enormen Ehrgeiz, um möglichst alles, was in Deutschland hergestellt wurde, künftig zu echter Qualitätsarbeit werden zu lassen. Was wohl auch gelang, denn „Made in Germany“ wurde zunehmend zum Gütesiegel für „deutsche Wertarbeit“. Was ganz und gar nicht der Absicht der von Großbritannien geforderten und bald auch in vielen europäischen Ländern angewandten Kennzeichnungspflicht des Herkunftslands aller Waren entsprach. Diese Pflicht legte das britische Parlament 1887 verbindlich fest, und sie forderte, dass auf allen Waren unmissverständlich das Herkunftsland anzugeben sei, damit importierte – also vermeintlich „schlechtere“ – Waren sofort erkennbar würden. Man kann sagen, damit haben die Briten ein echtes Eigentor geschossen, denn seitdem galt – und gilt – „Made in Germany“ als Kennzeichen für Qualität.
Verzwickt: Globalisierung wirft Fragen auf
Doch die Zeiten ändern sich und mit der Globalisierung stellen sich – vor allem in der Produktion – schon lang ganz neue Fragen. Die noch keineswegs abschließend beantwortet sind. Denn es geht um handfeste, weltweit wirtschaftliche, aber eben auch nationale Interessen. Und zwar unter dem Aspekt internationaler Handelsabkommen, Zollbestimmungen, Fragen nach Einfuhr- und Exportbedingungen. Kurz: Es ist schwierig. Und ziemlich verzwickt. Allein die deutsche Rechtsprechung hat zu der Frage, was denn nun „echtes Made in Germany“ beinhalten muss, in den letzten Jahrzehnten ziemlich uneindeutig geurteilt. Da genügte es manchmal, wenn allein die Endkontrolle, die Schlussproduktion oder nur die Verpackung in Deutschland geschah, alle Einzelteile des Produkts aber aus der ganzen Welt zum jeweils billigsten Preis eingekauft wurden. Meist geschah natürlich auch die Produktion weit weg von Deutschland – unsere hohen Lohn- und Lohnnebenkosten…klar, das geht ja gar nicht.
Und solch uneindeutige Regelungen öffnen – wie immer – Futterneid, Eifersucht und bösen Macht- und Konkurrenzspielchen Tür und Tor. So verklagte im März 2015 ein deutscher Kondomhersteller einen anderen. Der Beklagte hatte seine Verhüterlis als „Made in Germany“ deklariert, allerdings nur in Deutschland getestet, wie feucht, rissfest und formstabil seine Produkte waren. Gefertigt wurden sie woanders. So geht das nicht, fand das Oberlandesgericht Hamm – und ließ eine Revision des Urteils erst einmal nicht zu. Immerhin wurde hierbei endlich der Versuch unternommen, genauer zu begründen, was „Made in Germany“ denn eigentlich zu „Made in Germany“ macht: Entscheidend sei , dass bei der Herstellung einer Ware jene Leistungen aus Deutschland kämen, durch die die Ware ihre „qualitätsrelevanten Bestandteile oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften“ erhalte. Hm. Alles klar jetzt?
Was meinen Sie? Wie steht es um das „Made in Germany“? Ist es eindeutig geregelt? Ist es ein Qualitätskennzeichen – oder doch nicht mehr so ganz?
Ich werde mich übrigens auch im nächsten Blogbeitrag mit „Made in Germany“ beschäftigen….
Text und Foto: Maria Al-Mana, die Texthandwerkerin
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